Landshuter Zeitung | 31.05.2016

„Zeitreise durch eine bäuerliche Hofgeschichte“

Viele Besucher bei der Eröffnung der „Firmer-Hof-Ausstellung“ im Museum

Altdorf: Eine „Zeitreise durch eine bäuerliche Geschichte“ ist die aktuelle „Firmer-Hof-Ausstellung“ im Museum, die der Hobby-Archivar Hans Seidl und der Chronist Ernst Gruß zusammengetragen und aufbereitet haben. Dabei stammen die ältesten Dokumente aus dem Jahre 1464, in dem der einst „ganze Hof“ auch in einer Steuerliste erfasst worden ist. Seit diesen weit über 500 Jahren wechselten auch öfters die „Nutzungsberechtigten“. Heute wird dieser dominante Hof von dem Ehepaar Johann und Susanne Stanglmaier bewirtschaftet.

Mit dem großen Interesse an dieser Sonderausstellung hatte der Heimat- und Museumsverein nicht gerechnet. An die 200 Besucher fanden sich am „offenen Museums-Sonntag“ zu dieser Ausstellungseröffnung im Heimatmuseum ein, darunter auch Bürgermeister Helmut Maier, die Museumsleiterin Amira Adaileh und selbstverständlich auch Angehörige der jetzigen Hofeigentümer. Erfreut zeigte sich Hans Seidl über die vielen, vom Chronisten Ernst Gruß bereitgestellten Bilder, die – so der Archivar – in der Heimatforschung recht wertvoll sind. Die erste Hofbeschreibung, die er beim Durchstöbern der Archivare gefunden hat, stammt aus dem Jahre 1464, berichtete Hans Seidl. Das „Pfleggericht Rottenburg“ hat damals die Abgabenlast und bei einer Fortschreibung 1539 den gesamten Viehbestand dieses Hofes festgehalten. Während des 30jährigen Krieges (1618 – 1648) blieb dieser stattliche Hof erhalten, obwohl in dieser schwierigen Zeit ein eklatanter Verfall der Immobilienpreise auftrat, erläuterte der Hobby-Archivar. Laut der „Steuerbeschreibung“ von 1612 bewirtschaftete ein „Leonhardt Aindlmayr“ den damals so bezeichneten „Viechtmayr-Hof“. Gegen vermeintlich zu hohe „Laudemien“ (Abgaben) an das „Collegiatsstift von St. Martin, Landshut“ wehrten sich 1708 und in den folgenden Jahren die damaligen Nutzungsberechtigten „Antoni alter und Franz junger Pointner“. Das führte sogar dazu, dass der Nutzungsberechtigte des Erbrechtshofes zeitweilig in Haft genommen worden ist. Trotzdem, so Hans Seidl, war man damals auch nicht ganz wehrlos. Mit Hilfe eines Advokaten und eines langen Schriftwechsels mit der Regierung von Niederbayern wurde eine geringfügige Herabsetzung der „Laudemien“ (Abgaben) erreicht. Der Hobby-Archivar rechnete auch vor, wie die damalige jährliche Abgabenlast dieses Hofes von rund 250 Gulden einzustufen ist. Das entsprach der Jahresentlohnung von etwa fünf Arbeitern. Auch in der „Hauptsteuerbeschreibung“ des „Churfürstlichen Pfleggerichts Rottenburg“ von 1721 wurde für einen „Franz Paithner“, der das „Veichmayr Guett“ als „ganzen Hof“ bewirtschaftete, ein „Erbrechtsweis“ für das „Collegiat Stüft in Landtshuet“ ausgestellt. Mit dieser Abgabe (von Asch’sche Messe) wurde eine der Messen von St. Martin in Landshut finanziert, erklärte Hans Seidl, wobei er darauf verwies, dass damit die katholische Kirche damals – mangels einer Kirchensteuer – ihren Klerus bezahlte. Im Verlauf seiner Erläuterungen erinnerte Hans Seidl auch daran, dass der meiste Grund in Altdorf einst dem bayerischen Herzog gehörte und auch hier die Sommer-, Winter- und Brachfeld-Bewirtschaftung üblich gewesen sei. Das traf aber auf diesen „Firmer-Hof“ nicht zu, der bis zur Säkularisation 1803 im kirchlichen Eigentum war. Weiter schilderte der Archivar auch das damalige fußläufige Wegenetz, das – wie die Ur-Aufnahme aus dem Jahre 1812 zeigt – fast immer auf das dörfliche Kirchengebäude hin ausgerichtet war.

Die jetzige Familie des „Firmer-Hofes“ stammt aus Entwies und hat diesen, wie Hans Seidl ebenfalls berichtete, im Jahre 1884 käuflich erworben. Auf das Ehepaar Sebastian und Maria Hagl folgten die Ehepaare Jakob und Maria Hagl und dann durch Einheirat Johann und Anna Stanglmaier sowie Johann und Rita Stanglmaier, die im Vorjahr ihren Hof dem ältesten Sohn Johann übergeben haben. Alte Baupläne, viele Fotos und Fotokopien von Urkunden prägen diese recht sehenswerte Ausstellung. Dieser ist auch zu entnehmen, dass der „Firmer-Hof-Bauer“ Jakob Hagl auch bis 1933 der Bürgermeister von Altdorf war. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde dieser als Bürgermeister sofort abgesetzt. Diese Ausstellung kann, so Hans Seidl, auch noch an den „offenen Museums-Sonntagen“ am 26. Juni und 31. Juli besichtigt werden.

Josef Sehofer

AusstellungFirmerhof

Bild: Auf Stellwänden befinden sich Urkunden, Bilder und Dokumente des „Firmer-Hofes“, die die Besucher aufmerksam betrachteten